Insekten/Schmetterlinge

Noch flattert es im NSG Oetternbach!

129 Tagfalterarten listet die aktuelle Rote Liste der Schmetterlinge (2011) für Nordrhein-Westfalen auf. Nur etwas mehr als 20 % der Falterarten gelten noch als ungefährdet, d.h. im Umkehrschluss rund 80 % gelten als gefährdet. Damit haben es die Politiker schwarz auf weiß: Das Insektensterben muss gestoppt werden, sonst müssen sie weitreichende Folgen verantworten.

Insektenarten im NSG Oetternbach / Balbrede

Im Rahmen der Artenschutzprüfung (ASP) konnten am 22.07.2013 bei einem Lichtfang in der Region des anvisierten Gewerbegebietes „Balbrede“ 76 Schmetterlingsarten beobachtet werden. „Heraus ragt aus dem Kartierungsergebnis der Nachweis des Zünslers (Sciota rhenella). Diese Art der Weichholzaue wird aktuell in der Roten Liste NRW im Naturraum Weserbergland unter der Rubrik ‚0- ausgestorben oder verschollen‘ geführt!“  (ASP für den B-Blan 23-06/I „Balbrede“ Detmold Kreis Lippe NRW, Abschnitt 7.3.2.). Und es gibt noch weitere interessante Funde.

„Eine weitere Besonderheit stellt der Fund des Anemonen-Blattfalters (Perizoma didymata) dar. Diese Art besiedelt in Ostwestfalen krautreiche Mischwälder im höheren Bergland. … Die Funde im Flach- und Hügelland stellen in unserer Region eine große Bedeutung dar.“ (ASP, Absatz 7.3).

Nachgewiesen wurde die Federmotte (Marasmarcha lunaedactyla). „Sie könnte im Untersuchungsgebiet im Bereich der weitläufigen Weiden oder an Feld – oder Wegrändern südlich des Oetternbaches siedeln. … In Betracht kommen im Besonderen auch die Feldflächen, die als neues Gewerbegebiet ausgewiesen worden sind!“ (ASP, Absatz 7.3).

„Eine sehr interessante Art ist Graphderes austricus. Von dieser Schwimmkäferart gibt es aus unserer Region so gut wie keine aktuellen Meldungen.“ (ASP, Absatz 7.3)

Für die ASP beauftragt durch die Stadt Detmold kommt das Kartierungsbüro forna aus Detmold allein für die Insektenarten zu dem Schluss: „Nach dem Kartierungsergebnissen, lässt sich ein höchst interessantes Arteninventar für das Untersuchungsgebiet voraussetzen. Besonders deswegen, weil neben typischen, auch landesweit bestandsbedrohten Feuchtgebietsbewohnern (der unterschiedlichsten Insektenordnungen) auch Vertreter der mesophilen bis trocknen Lebensräume in deren unmittelbarer Nachbarschaft vorkommen.“ (ASP, Absatz 7.3)

Insektenschwund in Deutschlands Naturschutzgebieten

Wie die Insekten-Artenvielfalt in den deutschen NSG leidet, wurde durch die sog. Krefelder Studie deutlich, am 18.10. 2017 im Wissenschaftsjournal PLOS ONE veröffentlicht. In 63 Naturschutzgebieten in Deutschland wurde über 27 Jahre hinweg der Zustand und die Entwicklung der lokalen Insektenfauna untersucht (s.u.). Dabei stellten die Wissenschaftler ein Rückgang fest, von mehr als 75% der gesamten fliegenden Insekten in den Schutzgebieten (!). Dieser bislang noch nicht erkannte Verlust an Insektenbiomasse muss bei der Bewertung von Artenrückgängen (Insekten dienen als Nahrungsquelle, u.a. für Vögel) und dem Funktionieren des Ökosystems in der europäischen Landschaft berücksichtigt werden. Das Forscherteam zieht ein erschreckendes Fazit: Voraussichtlich wird der Verlust an Insektenvielfalt und -menge Auswirkungen auf Nahrungsnetze hervorrufen und die Ökosystemleistungen gefährden.

Krefelder Studie: Caspar A. Hallmann, Martin Sorg, Eelke Jongejans, Henk Siepel, Nick Hofland, Heinz Schwan, Werner Stenmans,  Andreas Müller,  Hubert Sumser, Thomas Hörren, Published: 18. Okt., 2017 http://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0185809

Schmetterlinge und Falter im NSG Oetternbach (Lichtfang in der Nacht) http://Fotos

Am Oetternbach ist auch die Prachtlibelle zu finden, die wie allen Libellenarten nach dem Bundesnaturschutzgesetz unter besonderem Schutz steht. Sie braucht langsam fließende Bäche, kleinere Flüsse und krautreiche Kanäle, die ausreichend besonnt werden. Das Wasser darf nicht zu sehr verschmutzt sein. Außerdem ist eine ausreichende Verkrautung mit Wasser- und Uferpflanzen für die Libellenart lebensnotwendig. Die Bestände der Prachtlibellen ist vielerorts rückläufig, durch Verschmutzung, Kanalisierung und intensive „Unterhaltung“ von Fließgewässern (Gewässerentkrautung und Mähen der Ufer). Die Blauflügel-Prachtlibelle wird in der aktuellen Roten Liste in Deutschland auf der Vorwarnliste geführt.

Buchtipp

Das Buch thematisiert den Niedergang von ausgewählten, verschiedenen Schmetterlingsarten in NRW, aufgrund von Nachweismeldungen in den Jahren 1975-2017. Grundlage bildet die Datenbank der Arbeitsgemeinschaft Rheinisch-Westfälischer Lepidoperologen e.V. (Mitherausgeber). Fotos und Steckbriefe der Arten, Gründe für das Schwinden von Schmetterlingen, Lösungswege, um dem Schwund zu begegnen werden erklärt. Leseprobe 

Rudolf Pähler, Hans Dudler, Axel Hille (2019) Das stille Sterben der Schmetterlinge. Eigenverlag R. Pähler, Druck Bonifacius GmbH, Paderborn. Hardcover, 336 Seiten, vierfarbig, deutsch/englisch. Buchpreis:  27,85 € plus 5 % MwSt (29,24 €) plus Versandkosten.

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